Ein Wels geht um in Offenbach. „Wally“ treibt im Weiher des Dreieichparks sein Unwesen und bekommt überregionale Aufmerksamkeit. Es ist nicht das erste Mal, dass Tiere Kultstatus bekommen. Wir werfen einen Blick zurück auf seine medialen Vorfahren, denn gegenüber Manchanderem ist Wally nur ein B-Promi. Welche Tiere haben es in Deutschland zu kometenhaftem Ruhm gebracht? Und ist das Ganze nur ein Sommerlochphänomen?

Da Welse bekanntlich nicht sprechen, ist ungewiss, ob der Wels im Offenbacher Weiher „Wally“ oder „Walli“ genannt werden möchte. Die Medien schien das wenig zu stören, als sie über seine Missetaten zu berichten begannen: Der Wels im Weiher des Dreieichparks habe Küken der geschützten Stockente verspeist. Anwohnerin Helge Mayer bemerkte gegenüber der Offenbach-Post: „Die Stockenten werden immer weniger, die Teichhühner werden immer weniger – das geht ja so nicht.“ Das sah die Stadt Offenbach ähnlich. Zuerst sollte „Wally“ geangelt werden, dann entschieden sich die Behörden doch für eine Umsiedlung in ein privates Gewässer, die aber spektakulär scheiterte. “Wally” war weg, auch nach 18-stündiger Suche unauffindbar.

Holt mich hier raus, ich bin ein Star: Wels Wally im Teich

Ein gefräßiger Problem-Wels, der es in die überregionalen Medien schafft? Das schreit das nach Sommerloch. Der Bundestag ist bis Anfang September in der parlamentarischen Sommerpause und die erste Bundesliga startet auch erst Ende August in die neue Spielzeit. Kaum einer arbeitet, bis auf die Nachrichtenredaktionen. Die Vermutung liegt nahe, dass tierische Inhalte die Nachrichtendürre füllen. Das lässt an die Ruhmeshalle der Berichterstattung über Tiere denken. Eisbär Knut, Krake Paul und Kuh Yvonne –  wird Wally dazugehören? Und welches Tier führt die Rangliste der tierischen Kurzzeit-Medienprominenz in Deutschland an?

Die Google-Suchanfragen seit 2004 zeigen: Der größte Kurzzeit-Stern am tierischen Himmel bleibt Eisbär Knut. Der mediale Rummel schon um die Geburt des Berliner Eisbärs im Jahr 2006 setzte sich relativ lange fort und lebte 2011 zu dessen Tod sogar noch einmal richtig auf. Dicht folgt Knut überraschenderweise sein weniger hellhaariger Vorgänger Bruno. Der aus Südtirol stammende Braunbär wanderte 2006 nach Deutschland und wurde dort, nachdem er einige Schafe tötete, von Edmund Stoiber zum „Problembären“ erklärt – die Taufe Wallys zum Problemwels geht also auf Bruno zurück. Ende Juni 2006 entschied das bayerische Umweltministerium über sein Schicksal – der Bär wurde von einem Jäger-Spezialteam erlegt.

Auffällig ist einerseits, wie stark die beiden Bären die anderen tierischen Stars überschatten. Eisbärin Flocke, die entflohene Kuh Yvonne und der orakelnde Kraken Paul erreichten weit geringere Bekanntheit. Andererseits scheint die Zeit der überregionalen tierischen Stars inzwischen vorbei: Seit Kuh Yvonne schaffte es nur noch das Schicksal des Löwen Cecil, den ein Zahnarzt aus Minnesota 2015 aus einem Nationalpark in Simbabwe lockte und erlegte.

Kurze Karrieren 

Woran die relative Abwesenheit tierischer Stars liegt lässt sich aus den Daten nicht erschließen. Zumindest leistet die Beobachtung aber dem Eindruck Vorschub, das Sommerloch sei nicht mehr das, was es einmal war. Schon vor Jahren galten die Tiere als ein Sommerlochphänomen. Doch dem war nie so. Tatsächlich verteilen sich die Spitzen des Google-Suchinteressers der berühmten Tiere relativ gleichmäßig auf die Monate des Jahres. Dies zeigen schon die prominentesten Beispiele: Während Brunos kometenhafter Ruhm zwar über die Sommermonate kam, erreichte Knut bei seiner ersten Vorstellung in der Öffentlichkeit im März 2007 seinen Höhepunkt, Eisbärin Flocke ihren gar im Januar 2008. Selbst wenn man die Liste um die Ruhm-Spitzen der tierischen B-Prominenz wie Opossum Heidi (Januar), Schwänin Petra (April) oder Tölpel Nigel (Februar) erweitert, lässt sich keine Häufung zum Sommer feststellen.

Und Wels Wally? Der scheint zumindest bisher nur zur zweiten Riege zu gehören. So wie die drei letztgenannten lässt sich sein Ruhm in der obigen Grafik nicht darstellen. Er wurde bisher schlicht zu wenig gegoogelt, um ihn mit Megastar Knut zu vergleichen. Und sein Stern scheint bereits wieder zu sinken. Während im Juli noch gefragt wurde, ob Wally für den Menschen gefährlich sein könnte, hat er sich inzwischen als doch nur „kleines Exemplar“ herausgestellt. Nicht einmal die Umsiedlung wird aktuell für nötig gehalten. Was mit Helge Mayers verschwundenen Stockenten passiert ist, bleibt erst einmal ein Mysterium – also genau das Material, aus dem die nächsten Tierlegenden erwachsen könnten.