Deutsche Hochschulen vermitteln neben Wissen auch klare Rollenbilder: Professuren sind Männerdomäne. Deutschlandweit werden nur 24% der Lehrstühle von Frauen besetzt – Doch dieser Anteil variiert von Land zu Land und Fach zu Fach. Maßnahmenkataloge und Förderprogramme gibt es immer häufiger. Eine Quote stößt aber in den Wissenschaftsministerien auf wenig Zustimmung. 

Von Marabel Riesmeier

Nachtrag, 16.04.2019, 11:00 Uhr [1]

Nur ein Viertel aller 47.412 Lehrstühle an deutschen Hochschulen sind von Frauen besetzt. Von Land zu Land schwankt dieser Anteil noch einmal deutlich. Am höchsten ist er in Berlin (32%), dicht gefolgt von Hamburg Brandenburg (beide 29%). Besonders wenige Frauen lehren und forschen im Osten und im Süden Deutschlands. Bayern ist mit einem Professorinnenanteil von 20% Schlusslicht, dem Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Baden-Württemberg (alle 21%). Das zeigt eine Auswertung der Daten des Statistischen Bundesamtes zum Personal an deutschen Hochschulen aus dem Jahr 2017. [2]

Die Ostdeutsche Hochschullandschaft

Zuerst blicken wir auf die ostdeutschen Bundesländer. Auf Anfrage erklärt das Sächsische Wissenschaftsministerium, es sehe eine Ursache für den geringen Anteil „in der überwiegend auf mathematisch, naturwissenschaftlich und ingenieurtechnisch ausgerichteten Studiengängen an drei der vier sächsischen Universitäten und an allen Hochschulen für angewandte Wissenschaften.“

Tatsächlich ist gerade in östlichen Bundesländern der Anteil technisch ausgerichteter Universitäten traditionell hoch. Über die verschiedenen Fachgebiete hinweg ergibt sich deutschlandweit ein deutliches Bild. Während in Geisteswissenschaften bundesweit 38% der Professuren weiblich besetzt sind, trifft dies in den Ingenieurwissenschaften nur auf 13% zu.

Zwar ist Sachsen in den „MINT“-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (46% aller Professuren) etwas stärker als der Bundesschnitt (40%). Doch eine Erklärung für den geringen Frauenanteil liegt hierin wohl nicht. Das Land liegt auch in diesen Fächern beim Frauenanteil hinten: 12% der sächsischen MINT-Professuren sind von Frauen besetzt, in Deutschland liegt dieser Anteil bei 15%. Das Problem scheint also nicht nur in den Fachgruppen zu liegen, sondern auch im Frauenanteil in der sächsischen Wissenschaft im Allgemeinen.

Unten in Deutschland

Bemerkenswert ist auch der niedrige Anteil der Professorinnen im Süden der Republik. Universitäten in Bayern und Baden-Württemberg schneiden regelmäßig in Hochschulrankings hervorragend ab und weisen viele Exzellenzcluster vor. Warum hängen diese Bundesländer dennoch gerade bei der Gleichstellung hinterher?

Deutliche Mängel zeigt Bayern noch bei der Bereitstellung einer umfassenden Strategie für Gleichstellung. Während die Erhöhung des Frauenanteils unter den Professuren im „Innovationsbündnis Hochschule 4.0“ als Ziel festgelegt wurde und erste Maßnahmen vereinbart wurden, fehlt noch ein umfassendes, abgestimmtes Konzept für die Frauenförderung in der Wissenschaft. Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) bekräftigt, er wolle nun „jede Hochschule bei den Zielvereinbarungen dazu verpflichten, als einem der vier wählbaren Schwerpunkte die Frauenförderung zu setzen“.

Das es auch konkreter geht, zeigt Brandenburg. Das Bundesland verfolgt bereits seit Jahren breite, abgestimmte Maßnahmenkataloge, die von Mentoring und Beratung über Verpflichtungen zur Familienfreundlichkeit und Regelungen von Berufungsverfahren bis hin zur Bereitstellung finanzieller Mittel, etwa für Stipendien, reichen. Solche Maßnahmen wirken langfristig, daher spiegeln die Diskrepanzen in den Professorinnenanteilen nicht einfach die derzeitigen Anstrengungen für Gleichstellung, sondern vor allem das langfristige und konstante Engagement der Bundesländer wider. Unter den Flächenstaaten ist Brandenburg mit einem Professorinnenanteil von 29% Spitzenreiter.

Per Quote und Zuschuss zur Gleichstellung?

Auf unsere Anfragen zeigten sich RepräsentantInnen der zuständigen Ministerien sowohl in Bayern als auch in Sachsen skeptisch gegenüber einer Quotenregelung. „Vielfach ist die Quote auch bei Frauen negativ besetzt“ gibt Eva-Maria Stange (SPD), sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, zu bedenken. Wichtiger seien Vorbilder, das Aufbrechen traditioneller Rollenbilder und die gezielte Unterstützung von Frauen und Müttern, die in der Wissenschaft Karriere machen wollen.

In Berlin hingegen wird versucht, starke Anreize zu setzen: Hier werden quotenbasierte Subventionen als Teil einer breiteren Gesamtstrategie eingesetzt, um Frauen in der Wissenschaft zu fördern. Im Rahmen der leistungsbasierten Hochschulfinanzierung wird die Einstellung einer Professorin mit einem finanziellen Zuschuss für die Universität honoriert. Dessen Höhe richtet sich nach der Besetzungsquote im jeweils betroffenen Fachgebiet und kann bis zu 350 000€ betragen, wenn der bisherige Frauenanteil besonders niedrig ist. Sukzessive niedrigere Zuschüsse werden bis zum Erreichen der 50%-Parität vergeben. Dies setzt einen klaren Anreiz, gerade in Fachgebieten mit niedrigen Frauenanteilen Gleichstellung voranzutreiben.

Festzustellen bleibt, dass deutsche Universitäten von der Gleichstellung weit entfernt sind. Der Bayerische Wissenschaftsminister Sibler bestätigt: „Wir müssen und wir wollen hier besser werden“. Hierzu ist die Konzeption und stetige Verbesserung konsequent verfolgter, umfassender Strategien zur Frauenförderung notwendig. Auch wenn einige Länder im Vergleich vorn liegen, bleibt Parität deutschlandweit noch in weiter Ferne.


Text und Recherche: Marabel Riesmeier und Einfacher Dienst

Grafiken: Einfacher Dienst

Foto: Trexer via Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)


[1] Nachträge, 15.04.2019, 19:15 Uhr und 16.04.2019, 11:00 Uhr: In einer früheren Version dieses Beitrags waren sowohl im Text als auch in den Grafiken ausschließlich Universitäts-Professuren abgebildet. Um umfassend alle Hochschultypen abzubilden haben wir die Datensätze und Grafiken ergänzt und den Text entsprechend angepasst.

[2] Es handelt sich um den Bericht „Personal an Hochschulen, Vorläufige Ergebnisse“, Artikelnummer: 5213402178005.