In den letzten Wochen kündigten sowohl Spiegel als auch taz Veränderungen im Verhältnis zwischen Print- und Online-Redaktionen an. Wie genau die großen deutschen Zeitungen das Spannungsfeld in der digitalen Zukunft gestalten wollen scheint noch bei vielen Blättern eine unbeantwortete Frage zu sein. Ein Überblick.

Gleich zwei große Veränderungen erlebte die deutsche Pressewelt in den letzten Wochen: Der Hamburger Spiegel legt zum Januar 2019 seine Print- und Online-Redaktionen zusammen und die taz denkt mittelfristig darüber nach, ihre Printausgabe einzustampfen. An beiden Fällen zeigt sich: Der deutsche Journalismus ringt noch um die Ausdeutung seiner digitalen Zukunft. Es lohnt sich ein Blick zurück auf die Zeit, in der das Digitale in die Redaktionen einzog – und die Redaktionen in das Digitale.

Die Verlagshäuser reagierten schnell auf das World Wide Web. Besonders der Spiegel, die taz und die Welt. Dabei waren die ersten Online-Angebote nicht vergleichbar mit den interaktiven Seiten, die Leser heute in Echtzeit über Börsenkurse informieren und ihnen per Kommentarfunktion einen eigenen Platz bieten. Die Welt etwa startete 1995 noch mit einem aus den Vereinigten Staaten importierten Modem, dass in Deutschland verboten war – Zuschriften mit Kommentaren zu Texten wurden ausgedruckt und per Hauspost an die AutorInnen weitergeleitet, weil noch keiner von ihnen einen E-Mail Account besaß. Am beliebtesten, berichtet Gründer Michael Fuchs, waren zunächst die Bundesliga-Ergebnisse.

Schnell zogen die führenden deutschen Tageszeitungen nach – nur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und dem neuen Deutschland dauert es noch bis 2001. Beide Blätter wurden kurz nach dem Ende des zweiten Weltkriegs gegründet. Bei Zeitungen mit einem etwas späteren Gründungsdatum, etwa der Junge Freiheit, dauerte es mit der Entwicklung eines Online-Angebots sehr viel länger.

Die meisten Redaktionen fahren nun ein Mischmodell, in dem die Online-Redaktionen Printtexte aufbereiten und eigene beisteuern. „Neudeutsch würde man das Synergieeffekte nutzen nennen“, meint dazu Robert Meyer, Redaktionsleiter von Neues Deutschland Aktuell. Einige Redaktionen produzieren auch interaktive Inhalte, die erst das digitale Format ermöglicht.

Das Modell der kompletten Zusammenlegung von Print- und Online-Redaktionen gibt es unseren Recherchen und Anfragen zufolge bisher nur bei der taz. Die Print-Texte der taz erscheinen, gelegentlich mit anderen Überschriften, auch online. Eigene Texte werden für die Online-Ausgabe so gut wie nie produziert. Dadurch kann das Blatt langsamer auf politische Debatten reagieren, gleichzeitig aber seine Recherchekompetenz bündeln.

Ein ähnliches Modell arbeitet eine neue dreiköpfige Chefredaktion des Spiegel nun auch intern aus. Sie wurde eingesetzt, nachdem sich der bisherige Chefredakteur Klaus Brinkbäumer und Geschäftsführer Thomas Hass an der Frage entzweiten, „wie die Spiegel-Redaktionen zusammenzuführen sind.“ Wie genau dann ab Januar 2019 die Spiegel-Redaktion aussehen wird, bleibt deshalb erst einmal ungewiss. Gewiss ist, dass eine einheitliche Redaktion in Zukunft Print und Online bestücken soll.


Foto: Gregor Fischer via Flickr, CC BY-ND 2.0