Die extremen Temperaturen waren weltweit eines der bestimmenden Themen des Sommers. Damit rückten auch die Konsequenzen des Klimawandels – wie schon zuvor in ungewöhnlichen Sommern – in das Zentrum medialer Aufmerksamkeit. Doch bedeutet ein stärkerer Fokus der öffentlichen Debatte auf den Klimawandel auch automatisch ein größeres Interesse für den Klimaschutz?

Von Felix Heilmann

Der Sommer 2018 war – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit – von Hitze und Dürre geprägt. Für einige Wochen war das Wetter Gesprächsthema Nummer Eins. Auch aufgrund der zum Teil schweren Schäden, die es hinterließ: Der Bauernverband rechnet mit Ernteeinbußen im Wert von über einer Milliarde Euro, Kraftwerke mussten gedrosselt oder heruntergefahren werden, da ihr Kühlwasser gefährlich hohe Temperaturen erreichte und insbesondere in Großstädten stieg die Todesrate.

Heiße Temperaturen bringen dem Klimawandel viel Aufmerksamkeit

Forscherinnen der Universität Oxford wiesen bereits im Juli 2018 nach, dass die globale Hitze des Sommers in direktem Zusammenhang mit dem Klimawandel steht. Während des vergangenen Sommers wurde für viele Deutsche bei Temperaturen von über 35° C der immer weiter voranschreitende Klimawandel besonders spürbar.

Dies zeigt sich auch in der Medienberichterstattung der vergangenen Monate: Der Spiegel brachte den „Sommer, der nie endet“ am 4. August auf seine Titelseite, die Zeit veröffentlichte einen Leitartikel zur anstehenden „Zukunft im Schwitzkasten“, und auch Bild-Kolumnist Franz Josef Wagner – für gewöhnlich kein großer Freund von Umweltschützern – kommentierte: „Alle Klima-Leugner sollen ab jetzt die Klappe halten.“ Dies sind nur einige Beispiele für die außergewöhnlich breite Berichterstattung über den Klimawandel während des vergangenen Sommers. Das Team von Klimafakten hat diese Berichterstattung systematisch analysiert.

Und diese Artikel stellen keine Ausnahmen dar, sondern sind Teil eines grundsätzlicheren Trends: Vom Einfachen Dienst ausgewertete Daten des Online Media Monitor on Climate Change der Universität Hamburg zeigen, dass die Anzahl der Artikel über Klimawandel in den großen deutschen Medien während des Sommers angestiegen ist und beinahe das Niveau der Berichterstattung über die letzte große UN-Klimakonferenz in Bonn im November 2017 erreicht hat (das Team des Online Media Monitors hat die Daten bis zurück zur Klimakonferenz ausgewertet).

Obwohl sich seit April 2018 nie mehr als 4% der veröffentlichten Artikel über eine Woche hinweg mit dem Klimawandel beschäftigten, steigt mit den Temperaturen auch das Medieninteresse am Klimawandel.[1] Lässt sich dieser Trend auch bei den Menschen in Deutschland beobachten? Eine Möglichkeit, sich einer Antwort auf diese Frage anzunähern, ist es, das Online-Verhalten der Deutschen zu analysieren – durch eine Auswertung der Häufigkeit von Suchanfragen bei Google.

Und hier zeigt sich in der Tat ein klares Bild: Es haben sich lange nicht mehr so viele Menschen in Deutschland für den Klimawandel interessiert, wie in den Hitzemonaten 2018. Das Informationsbedürfnis während des Sommers überstieg sogar das Interesse während der historischen Pariser Klimaverhandlungen im Dezember 2015.

Dehnt man den Betrachtungszeitraum aus, gibt es nur drei Zeitpunkte in den vergangenen 14 Jahren, in denen das Interesse für den Klimawandel größer war, als im vergangenen Sommer: In der ersten Hälfte des Jahres 2007, in welcher der UN-Weltklimarat IPCC seinen vierten Sachstandsbericht veröffentlichte, in dem klar festgestellt wurde, dass es an der menschengemachten Erwärmung des Klimas keinen Zweifel gibt. Und dann noch einmal im Dezember 2007, vermutlich auf Grund der UN-Klimakonferenz auf Bali, sowie im Dezember 2009 während der Kopenhagener Klimakonferenz, die katastrophal scheiterte.

Interesse an Klimawandel und Klimaschutz in diesem Jahr entkoppelt

Doch machen sie die „Klimawandel“-Sucher auch Gedanken über „Klimaschutz“? Grundsätzlich ja: Über einen vierzehnjährigen Zeitraum folgen die Suchen nach „Klimawandel“ und „Klimaschutz“ einem stark ähnlichen Muster (die Korrelation ist mit r = 0.9 sehr stark). Das ist ein klares Zeichen, dass das Interesse an beiden Themen in der Regel Hand in Hand geht.

In Anbetracht dieser Tatsache ist es besonders bemerkenswert, dass das Suchverhalten der Deutschen während des vergangenen Hitzesommers deutlich von diesem üblichen Trend abweicht: Trotz des stark gestiegenen Interesses an Klimawandel stieg – zumindest auf Google – das am Klimaschutz kaum. Es könnte sein, dass der extreme Sommer viele Menschen, die sich zuvor nicht aktiv mit dem Klimawandel beschäftigt haben, dazu gebracht hat, sich mit dem Thema zu befassen – Menschen, die vor Allem verstehen wollen, was durch den fortschreitenden Klimawandel auf sie zukommt.

Alternativ könnte es es auch das Resultat der Berichterstattung sein. Sie fokussierte sich häufig auf den Klimawandel und seine Folgen, seltener auf die politischen Weichenstellungen für effektiven Klimaschutz. Dies deutet auf eine klare Lehre für Verfechter des Klimaschutzes hin. Für sie ist es wichtig, auf die  die spürbaren Effekte des Klimawandels hinzuweisen – mindestens ebenso wichtig ist es aber, einen klaren Zusammenhang zwischen den vorherrschenden Bedingungen und den politischen Maßnahmen, die die Klimakrise eindämmen könnten, herzustellen.


Text: Felix Heilmann

Grafiken: Einfacher Dienst

Daten: Online Media Monitor on Climate Change (OMM), Einfacher Dienst

Mit Dank an das Team des Online Media Monitors der Universität Hamburg: Brüggemann, Michael / Sadikni, Remon / Walter, Stefanie / Meyer, Maybritt (2018): Online Media Monitor on Climate Change (OMM): Analysis of Global Tweets and Online Media Coverage. Universität Hamburg. URL: www.climatematters.hamburg.

Foto: Lake Hume in drought/Tomasz Baranowski via FlickrCC BY 2.0

[1] Der Tages-Höchstwert im Jahr 2018 waren 6% der Artikel, am 3. August.