Europa trifft sich nicht nur in Brüssel oder Strasbourg – bilateraler Austausch findet über Städtepartnerschaften in ganz Europa statt. Mit welchen Ländern ist Deutschland am engsten verschwistert? Lassen sich aus diesen Daten welt- und europapolitische Ereignisse ablesen?

Manchmal fühlt sich der Urlaubsort heimatlich an. Wer etwa nach Argèles-sur-Mer in Südfrankreich fährt, sieht am Ortseingang ein kleines, rostiges Schild: „Partnerstadt Hürth“. Schilder wie dieses prägen die Einfahrtsstraßen vieler Städte in Europa: Über 4500 Partnerschaften verbinden deutsche Städte auf der Graswurzel-Ebene mit europäischen Kommunen. Die deutsch-französischen Beziehungen sind dabei besonders eng: 2072 Partnerschaften machen 44% der 4714 verzeichneten Bündnisse mit deutscher Beteiligung aus.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges schritten allerdings in den späten 1940ern und frühen 1950ern zunächst die deutsch-britischen Beziehungen voran – vorwiegend mit Städten der Britischen Besatzungszone, etwa Bonn–Oxford, Düsseldorf–Reading und Hannover–Bristol (1947/1948). Im Jahr 1951 gründeten 50 europäische Bürgermeister den „Rat der Gemeinden Europas“, um friedliche Beziehungen zwischen Kommunen zu fördern (seit 1984 „Rat der Gemeinden und Regionen Europas“).

Partnerschaften als Spiegelbild der Weltgeschichte

Die stärksten absoluten Zuwächse wurden durch Weltereignisse eingeläutet. Während zwischen 1989 und 1991 die Sowjetunion und mit ihr der eiserne Vorhang zerfiel, schlossen deutsche Städte mit osteuropäischen Städten in Polen (38), Ungarn (49) und Tschechien (14) neue Partnerschaften.

Auch das neue Jahrtausend läutete eine erneute Phase der europäischen Stadtvernetzung ein: Zur Jahrtausendwende kamen auf einen Schlag 263 neue Partnerschaften hinzu, darunter 67 deutsch-französische sowie 47 deutsch-polnische.

Die Daten liefert die Deutsche Sektion des RGRE. Bis 1998 geschlossene Partnerschaften wurden durch umfassende Bestandsaufnahmen des RGRE erfasst, seit 1998 nach laufendem Kenntnisstand. In unseren Grafiken sind auch solche Partnerschaften erfasst, die vor dem Eintritt des jeweiligen Landes in die EU/EWG/EG erfolgten.

Städte, die sich in ihren Partnerschaften besonders verdient gemacht haben, können sich auf den Europapreis des Europarats bewerben, der vier Formen der Ehrung vergibt: Europadiplom, Ehrenfahne, Europaplakette und Europapreis. 2018 wurde die westukrainische Stadt Ivano-Frankivsk mit dem höchsten Preis ausgezeichnet.


Die ursprüngliche Recherche für diesen Beitrag entstand im Rahmen unserer Kooperation mit Polisphere und der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft für die Denk ich an Deutschland-Konferenz 2019 sowie für die Europawahl.

Foto: Stadt Linz am Rhein via Flickr (CC BY-SA 2.0)